Ausstellung "Wir Leitzianer – die ersten 100 Jahre"
10.03.2023 - Am 9. März 2023 wurde die Ausstellung „Wir Leitzianer – die ersten 100 Jahre“ in der Galerie im Neuen Rathaus eröffnet. Die Ausstellung ist bis 12. Mai 2023 zu sehen und wird von einem Begleitprogramm mit Vorträgen, einer „Enthüllung“ und einer Film-Vorpremiere flankiert.
Als Leitzianer bezeichneten sich die hochmotivierten, zuverlässigen, äußerst korrekten, zielstrebigen und firmentreuen Mitarbeiter.“ So steht es in einer Ausgabe der Werkszeitschrift objektiv geschrieben. Helmut Lagler machte von 1958-1961 eine Feinmechaniker-Lehre bei Leitz, später baute er in Kassel ein Software-Unternehmen auf. Leitzianer ist er bis heute geblieben. Seit 14 Jahren arbeitet er mit viel Herz, mit der Leidenschaft eines Sammlers und unermüdlichem Tatendrang an einer achtbändigen Buchreihe, die den Titel „Phänomen Leica“ trägt. Vier Bände sind inzwischen erschienen. Jedem Band ist das genannte Zitat vorangestellt.
Im vergangenen Sommer überreichte Helmut Lagler die ersten Bände seiner Enzyklopädie an den Wetzlarer Oberbürgermeister Manfred Wagner und das Stadtarchiv. Die Idee, aus diesem Wissen und den Sammlungsbeständen eine Ausstellung im Neuen Rathaus zu gestalten, lag schon damals in der Luft. Am 9. März 2023 wurde nun die Ausstellung „Wir Leitzianer – die ersten 100 Jahre“ feierlich eröffnet. Gezeigt werden historische Dokumente und Exponate, die den Zeitraum von 1850 – 1950 umfassen und die Geschichte von Leitz und Leica schlaglichtartig vergegenwärtigen. Es geht um das Werk und die Werkstätten, um technische Meisterleistungen und deren Meister, um das „Phänomen Leica“ in Wort und Bild – nicht zuletzt um all die vielen Menschen, die dafür gesorgt haben, dass Leitz und Leica bis heute als Phänomen gelten.
Die Leistung von Helmut Lagler als Autor, Rechercheur und Sammler ist kaum zu ermessen. In der Ausstellung wird sie in Auszügen sichtbar. Im Zentrum steht die Leica, aber diese wäre natürlich ohne die gesamte Historie von Leitz nicht vorstellbar. So beginnt der Rundgang chronologisch im Jahr 1848 in der optischen Werkstätte von Carl Kellner, die – nach dessen Tod im Jahr 1855 – bekanntlich Friedrich Belthle übernahm. Ernst Leitz I wurde zunächst Teilhaber und ab 1869 alleiniger Eigentümer der Werkstatt, die fortan unter dem Namen „Optisches Institut von Ernst Leitz“ firmierte. Mit der zunehmenden Bedeutung der Wissenschaft wuchs auch die Nachfrage an Mikroskopiersystemen – und Leitz mischte bei deren Entwicklung ganz vorne mit: Zur Jahrhundertwende war Leitz mit 55.000 verkauften Mikroskopen der größte Mikroskophersteller der Welt.
Mit der Erfindung der ersten Kleinbildkamera – der Leica – schlug das Unternehmen in Wetzlar ein neues Kapitel auf. Oskar Barnack entwickelte 1913 die Ur-Leica mit patentiertem Schlitzverschluss als Prototyp. Erst zehn Jahre später ließ er eine 0-Serie produzieren, die vertraulich an leitende Betriebsangehörige, Vertreter und Kunden ausgegeben wurde. Die Diskussion darüber, ob die Kleinbildkamera in Serie gefertigt und auf den Markt gebracht werden solle, beendete Ernst Leitz II im Juni 1924 mit dem berühmt gewordenen Satz: „Ich entscheide hiermit: Es wird riskiert.“ Es dauerte zwar einige Jahre bis rentable Stückzahlen verkauft werden konnten. Aber Leitz setzte mit der Leica den Trend zur Kleinbildfotografie, die nicht nur bei den Fotografen ankam, sondern auch die Entwickler und Konstrukteure im Haus zu immer neuen Höhenflügen anspornte. Die Weiterentwicklungen insbesondere des Leica Schraubsystems seit 1930 bis in die 1950er-Jahre waren allesamt wegweisend. Mit der wachsenden Zahl von Wechselobjektiven und weiteren nützlichen Zubehören eroberte die Leica den Markt und wurde schließlich zu einer Ikone des 20. Jahrhunderts.
Die Ausstellung verknüpft die Zeitläufte mit der Unternehmensgeschichte und die Produktgeschichte mit den Menschen, die dazu beigetragen haben, dass Leica selbst Geschichte geschrieben hat. Neben den führenden Köpfen der Leitz-Familie werden auch die „Macher“, die nach Ansicht von Helmut Lagler in den meisten Publikationen zu kurz kommen, entsprechend gewürdigt. Denn ohne sie hätte es so manche technische Entwicklung nicht gegeben. Als wahre Fundgrube erweist sich in diesem Zusammenhang die Aufstellung der Erfinder und Konstrukteure, die ab 1912 nicht nur die Kameratechnik (Filmhandhabung, Verschluss, Messsucher oder Belichtung und Blitz), sondern auch die Objektive immer weiter perfektioniert haben. Den zusammengetragenen Patentschriften und -zeichnungen hat Helmut Lagler stets die Erfinder und Konstrukteure zugeordnet. All das wurde von ihm auf Basis der Quellenlage recherchiert, rekonstruiert und akribisch dokumentiert.
Die intensive Arbeit Helmut Laglers an der Buchreihe und der Ausstellung ist getragen von einer tiefen Bewunderung für die Menschen und deren Leistungen. Dabei betont er immer wieder, wie wichtig ihm in diesem Zusammenhang der Austausch mit anderen „Leitzianern“ war und ist: mit seinen Kollegen aus der Lehrzeit, zu denen er immer noch einen engen Kontakt pflegt; mit Experten wie Günter Osterloh oder Ottmar Michaely und Mitgliedern der Unternehmerfamilie wie Dr. Knut Kühn-Leitz; mit dem Vorstand und den Mitgliedern der Leica HISTORICA sowie deren Ehrenvorsitzenden Georg Mann und Axel Rosswog; nicht zuletzt mit Dr. Andreas Kaufmann, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der heutigen Leica Camera AG.
Veranstalter der Ausstellung ist das Wetzlar Network in Kooperation mit der Stadt Wetzlar, den Städtischen Museen Wetzlar, der Ernst Leitz Stiftung sowie Leica Camera und Leica Microsystems. Die Ausstellung wird flankiert von einem ebenso interessanten wie bereichernden Begleitprogramm.
Ausstellung:
Wir Leitzianer – die ersten 100 Jahre
10.03.–12.05.2023
Neues Rathaus Wetzlar
Ernst-Leitz-Straße 30
35578 Wetzlar
Quelle: https://www.wetzlar.de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/maerz/leitzianer.php